I. Revolution must come

Was uns antreibt ist die notwendige Einsicht und ein unbedingter Wille zur gesellschaftlichen Veränderung. Mit den Erfahrungen der Vergangenheit, den historischen wie den eigenen, gehen wir davon aus, dass der gegenwärtige Zustand der Welt nicht reformierbar ist. Es ist nicht möglich, diesen einfach in einen allgemein besseren Zustand zu transformieren. Unser Anspruch ist nicht weniger als die Revolution: ein radikaler Bruch und die Umwälzung des Bestehenden. Also schließlich die notwendige gesellschaftliche Neugestaltung im Interesse aller Enteigneten, Unterdrückten und Ausgebeuteten. Dafür braucht es einen guten Plan, ein waches Auge für den Zustand der Welt und ein Wissen über die vorangegangenen Versuche. Wir müssen überall dort sein, wo gekämpft wird, die Initiative der Masse aufnehmen um eins mit ihr werden. Es ist keines Falls ausgemacht, wen wir in dieser Masse finden und wie ihr Gesicht aussieht. In den politischen Auseinandersetzungen werden wir uns gemeinsam auf die Suche begeben, um gemeinsam die große Frage zu beantworten, wie die Welt aussehen soll und wem sie gehört.

II. Das Ende der Welt

Kapitalismus ist die zu beendende Katastrophe unserer Zeit. Er zerstört die Welt, in der wir leben, die menschlichen Beziehungen und systematisch alle Dinge, für die sich ein Leben lohnt. Dort, wo Solidarität zwischen uns blüht, versucht er, die unsichtbaren Mauern der Konkurrenz einzuziehen. Er bringt die Schweine hervor, die für ein bisschen Geld einen Streik brechen, und die, die für weitaus mehr Geld einen jahrhundertealten Wald abholzen lassen. Er trennt uns in Sphären der Produktion und der Reproduktion und lässt damit die Arbeit von Frauen verschwinden, um sie als Profit in die eigene Tasche zu stecken. Doch Geschlecht bleibt nicht die einzige Differenz, die das Kapital einführt. Rassistische Zuschreibungen wurden von jeher als Legitimation für Ausbeutung und Knechtschaft angeführt. Die historische Kontinuität reicht von den Sklav*innen auf den Baumwollfeldern Louisianas über die italienische Fließbandfabrik der 1960er Jahre bis zu den modernen Lohnsklav*innen mit unsicherem Aufenthaltstitel in den Metropolen. Während einige wenige profitieren, lassen sich andere kaufen und steht die große Menge vor dem Nichts. Der soziale Frieden – welcher für alle, die nichts besitzen, schon immer ein Kampf ums Überleben war – lässt sich nur noch durch Repression und billige Gnadengeschenke aufrechterhalten. So gibt es kaum eine Option, sich dem Kapitalismus zu entziehen, keinen lokalen Ort, sondern er dringt vor auch in den letzten Winkel noch. Mit Krieg, Umweltzerstörung und Ausbeutung zerschlägt dieses System, welches einzig die kurzfristige Realisierung von Profit im Sinn hat, systematisch die Grundlage unser aller Existenz. Es sind diese hausgemachten Krisen, in welchen sich die kapitalistische Produktionsweise immer wieder aufs Neue reproduzieren kann, doch während diese als rettender Phönix aus der Asche jedes Mal neu erscheint, werden die Folgen dieser Krisen auf die Klassen der Ausgebeuteten abgewälzt.

III. Wer sind wir?

Wir sind jene, die sich noch nicht mit dem Zustand der Welt abgefunden haben. Über die Jahre sind wir kurzzeitig an vielen Orten aufgetaucht, mehr oder weniger offen, zuweilen verdeckt. In unseren kleinen Grüppchen haben uns bisher die Einsamkeit und die Sehnsucht, dieses fragile Wir in eine starke Opposition zur Barbarei der Gegenwart zu verwandeln, verbunden. Die Revolten in Frankreich oder Chile haben gezeigt, dass die Masse und das Bewusstsein der Abgehängten und Unzufriedenen größer sind als die unserer unbedeutenden Zirkelwesen. Dieser Punkt erlöst uns nicht von der Verantwortung, welche unsere politische Analyse und praktische Erfahrung mit sich bringt. Gleichzeitig ist er eine Befreiung durch die Erkenntnis, dass wir nicht alleine sind und es nicht alleine schaffen müssen. Die Aufhebung der Trennung zwischen uns, den Werktätigen, bedeutet zu lernen, die gleichen Kämpfe zu führen und die gleiche Sprache zu sprechen. Wir haben zu lange in einer selbstgebauten Blase agiert, die wir zum Platzen bringen müssen. Wenn wir lernen, wieder die gleiche Sprache zu sprechen, die gleichen Träume zu träumen und aus einem gemeinsamen Bewusstsein zu agieren, lassen sich die praktischen Barrieren, die uns trennen, aufheben. Linke Blasen und Räume können der Anfangspunkt unserer Politik sein, sie dürfen jedoch nicht ihre Grenze markieren.

Wieder klar zu bestimmen, was unser Klassenstandpunkt ist, und zu lernen, welche Kämpfe als Klasse geführt werden, ist vorrangigstes Ziel.

IV. Feindschaft

Der Kapitalismus ist kein Asteroid, der von irgendwoher kam und die Menschen in ihr Unglück gestürzt hat. Viele unterschiedliche Akteure haben seine Durchsetzung geplant und an ihr gearbeitet. Es gab die Strategien der Chicago School, die den Neoliberalismus geboren haben, die Industriellen, die die Faschisten näher an die Macht brachten und die Dummen, die kurz vor dem Sieg einer Revolution noch das Flugzeug eines Königs mit Gold beluden und ihm ‚Lebe wohl‘ sagten. In westlichen, neoliberalen Gesellschaften zu leben bedeutet jedoch, das Konzept der Feindschaft zu verlernen. Stattdessen wird uns in neoliberaler Manier gesagt: „Du bist selber schuld!“ Jegliche Verantwortung für die eigenen prekären Lebensumstände wird uns selbst zugeschrieben. So soll es das eigene Versagen sein, welches sich hier repressiv rächt. Das Bild, welches so gezeichnet wird, ist nicht das eines Konflikts zwischen den Klassen, sondern nur das des für den Neoliberalismus nicht genügenden Menschen. Es ist Wesensmerkmal unserer „Demokratien“, zu versuchen, jeden Widerspruch und Widerstand zu integrieren, zu schleifen und seines aggressiven Potenzials zu berauben. Der demokratische Diskurs ist ein falsches Spiel, dessen einziges Ziel nur der Machterhalt ist – und zu verhindern, sich überhaupt etwas anderes noch vorstellen zu können. Als Revolutionär*innen müssen wir aber unsere Feinde kennen, studieren und bekämpfen. Wir dürfen uns nicht mit ihnen in ein Boot setzen und nicht versuchen, den Konsens zu finden. Unser Frontverlauf liegt zwischen unten und oben, zwischen emanzipatorisch und reaktionär.

V. Unser Sieg ist nicht sicher

Wir sind nicht die einzigen, die den gegenwärtigen Zustand der Welt aktiv bekämpfen. Der Faschismus, die barbarischste Form bürgerlicher Herrschaft, greift weltweit nach gesellschaftlicher Macht. Ob im Mantel des Populismus oder in Form mordender Terrorgruppen, steht der Faschismus unserer Sache unmittelbar entgegen.

Antifaschismus ist für uns folglich eine selbstverständliche Notwendigkeit, die Behauptung einer neutralen demokratischen Mitte hingegen pure Heuchelei. Der gegenwärtigen Faschisierung von Staat und Gesellschaft treten wir mit allen Mitteln entgegen. Bedenken im Sinne bürgerlicher Moral haben wir dabei keine. Das heißt im ersten Schritt, unsere Viertel und Räume sowie unsere Communitys gegen Angriffe von Faschisten zu schützen, heißt strategisch: Der Kampf gegen die Zentren des Faschismus und dessen Wurzeln bedeutet Kampf für die befreite Gesellschaft!

VI. Wir sind nicht die Ersten…

Die Feinde der Revolution stehlen uns nicht nur unsere Zukunft, sie setzten auch alles daran, uns unserer Vergangenheit zu berauben. Es reicht ihnen nicht, die Revolutionär*innen der Geschichte zu vernichten, es geht ihnen darum, die Hoheit über die Erzählungen unserer Kämpfe zu erlangen und die Erinnerung daran zum Verschwinden zu bringen. Wir müssen uns daher bewusst in die Geschichte der revolutionären Bewegungen stellen; ihre Erfolge und Fehler sind die Unsrigen. In unserer gemeinsamen Geschichte versammeln sich die Erfahrungen unserer Freund*innen aus der Vergangenheit. Indem wir diese Erfahrungen zu den unsrigen machen, lernen wir aus ihren Fehlern und knüpfen an ihre Erfolge an. Es gilt, den vorherrschenden Modus der vorauseilenden Distanzierung neu zu überdenken – und zurückzuweisen: Unseren Feinden sind wir keine Rechenschaft über unsere Geschichte schuldig. Wir sind angetreten, die Geschichte aktiv zu schreiben, die der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.

VII. …und werden sicher nicht die Letzten sein!

Politische Widerstandsbewegungen verdienen unsere Solidarität und unsere Aufmerksamkeit. Dort schulen wir unsere Fähigkeit zu kämpfen, finden neue Genoss*innen und erfahren gesellschaftliche Kräfteverhältnisse. Es bleibt zentral, sich kennenzulernen, zu organisieren und gemeinsam zu streiten. Sich gemeinsam zu organisieren heißt nicht zwangsläufig, Teil der gleichen Organisation zu sein. Vertrauen, Respekt und Überzeugung entstehen im Kampf – dort können unsere Überzeugungen mit der Realität abgeglichen werden, der Stand unserer Bemühungen abgefragt werden. Wir fokussieren uns jedoch nicht nur auf die konkreten Ziele unserer gemeinsamen Kämpfe. Unsere Hoffnung gilt genauso jenen, die wir hier treffen, deren Erfahrungen und Ideen für uns immer auch Inspiration sind. Emanzipatorische Auf- und Widerstände sowie kämpfende Genoss*innen in anderen Teilen der Welt sind stets ein zentraler Bezugspunkt für uns. Trotz all der unterschiedlichen gesellschaftlichen Bedingungen verbindet uns über alle Grenzen hinweg die unumgängliche Einsicht, dass wir so nicht leben können, und die Leidenschaft, dieser Einsicht mit revolutionären Taten zu folgen. Gerade diese jedoch lassen praktischen und theoretischen Austausch sowie eine gemeinsame Koordinierung unerlässlich werden. Internationalismus bedeutet für uns nicht einzig und allein ein Ausdruck von Solidarität über noch bestehende Grenzen hinweg, sondern das aktive Führen gemeinsamer Kämpfe. Als Voraussetzung hierfür bedarf es jedoch einer lokalen Basis, welche Ausgangspunkt und Fundament etwaiger Vernetzungen sein wird. Nur diese bietet die Möglichkeit verbindlichen und kontinuierlichen Kontakts: Hier gilt es wieder in Verbindung mit den Menschen, mit denen wir leben, zu treten, neue Ideen und Perspektiven zu verankern. Viel zu lange haben wir zwar als Nachbarn – und dennoch isoliert, politisch im Geheimen – gelebt.

VIII. Hört auf, so zu tun

In unserer Geschichte waren der Opportunismus und die Speichellecker nie weit entfernt. Im sozialen Krieg sprechen sie vom Frieden, im Klassenkampf vom Kompromiss und in der Auseinandersetzung mit dem Faschismus fabulieren sie vom verständnisvollen Dialog: ob Sozialdemokratie, bürgerliche Gewerkschaftsführer*innen, NGOs oder Demeter-Ideolog*innen und Green-New-Deal-Hippies. Davon getragen, dass deren Institutionen reformistisch sind, jedoch nicht zwangsläufig jedes ihrer Mitglieder, sind sie nicht unser Hauptfeind, und so muss unsere Position zu ihnen in den Kämpfen taktisch immer wieder neu bestimmt werden. Wenn sich Sozialdemokrat*innen als Genoss*innen ansprechen, nutzen sie dasselbe Wort, sprechen aber nicht die gleiche Sprache. Ihre Vermittlung und ihr Verständnis waren nie mehr als die soziale Befriedung des Aufbegehrens im Sinne der Unterdrücker. Seit über einem Jahrhundert haben sie in ihrem Vokabular das Wort Revolution vergessen und verdrängt, der Preis der Teilhabe an institutioneller Macht.

IX. Was bedeutet es, zu gewinnen?

Der Revolution haftet etwas Mystisches an. Es scheint, als markiert sie den Beginn des großen Unbekannten. Denen, die noch an sie glauben, muss klar sein, der Wille zur Revolution allein wird schwerlich ausreichen. Revolutionen waren noch nie eine Naturgewalt, der Aufstand war immer das Werk der Aufständischen. Viele Aufstände der letzten Jahre haben in bemerkenswerter Weise für Stunden, Tage oder Wochen Freiräume erkämpft, ob 2008 in Athen oder auf dem Tahrir-Platz. Die große Leere hinter den eingetretenen Türen konnte seitens der Aufständischen jedoch nicht gefüllt werden. Während in uns die Frage täglich brennt, wie wir den revolutionären Umbruch erkämpfen können, müssen wir auch lernen, die erkämpfte Freiheit zu organisieren. Wir können es uns nicht auch nur einen Tag lang leisten, die Kinderbetreuung ausfallen oder die Kranken in den Hospitälern sterben zu lassen, dem Stromnetz dabei zuzusehen, wie es zusammenbricht, und die Fabriken dem Rost hinzugeben. Das politische Leben muss neu organisiert werden. Die Produktionsmittel sollen sich nicht nur angeeignet, sondern auch genutzt werden, der bürgerliche Parlamentarismus nicht nur zerschlagen, sondern durch selbstverwaltete Rätestrukturen ersetzt werden. Ob im Kampf um ein Haus oder gegen den Staat, ohne eine Vorstellung davon, was es heißt, zu gewinnen, werden wir entweder unseren Sieg unbemerkt vorbeiziehen lassen, scheitern oder aber nach ihm erfolgreich in die Leere fallen.

Das bedeutet konkret, dass wir überhaupt wieder eine gemeinsame Strategie brauchen, gemeinsame Ziele, auf die wir hinarbeiten. Wir reden nicht von Luftschlössern, sondern von Zielen, in denen sich unser Anspruch und unsere reale Stärke wiederfinden. Es braucht ein Programm, einen Plan, an dem alle, die sich auf einer Barrikade mit uns sehen, auch mitwirken können. Eine Strategie für den Aufstand, genauso wie Grundlagen für den Aufbau der kommunistischen Gesellschaft.

X. Was tun?

Unsere Ambition ist unbestritten größer als das, was wir selbst formulieren können. Und doch geht es darum, mit vielen gemeinsam die richtigen Schritte zu gehen und falsche Wege zu verlassen. Wir müssen aufbauen, agitieren, schulen und angreifen. Wir wollen „richtig“ und „falsch“ wieder zu bestimmenden Kategorien machen. Wer den vorangegangenen Einschätzungen zustimmt, wird wohl auch der folgenden programmatischen Vorschau mit Sympathie gegenübertreten können. Diesen Ideen verpflichtet, möchten wir die Revolution wieder ernster nehmen als uns selbst. Hinter jedem Vorschlag steckt ein Versuch.

Eine Entscheidung, den Weg mit uns zu gehen, wird folgende Punkte aufgreifen und umsetzen:

Wir werden als Sammlungsbewegung revolutionärer Kräfte in der Region eine föderale Organisation aufbauen. Sie hat den Anspruch, verschiedene Akteur*innen zusammenzubringen, und atmet einen gesunden Pragmatismus.

Wir setzen uns explizit zur Aufgabe, verschiedenen Lebensrealitäten die Teilnahme am politischen Prozess zu ermöglichen.

Der edle proletarische Hass der Unterdrückten und ausgebeuteten Massen ist wahrlich aller Weisheit Anfang, die Grundlage einer jeden sozialistischen und kommunistischen Bewegung und ihrer Erfolge (nach W. I. Lenin: Der „linke Radikalismus“, die Kinderkrankheit im Kommunismus).

Wir werden eine revolutionäre Praxis jenseits des bloßen Benennens der existenten Missstände umsetzen durch das Schaffen positiver Auswege aus der aktuellen Situation und für die Überwindung der bestehenden Eigentums- und Herrschaftsordnung.

Das schließt den Aufbau und die Organisierung von Infrastruktur, Basisstrukturen, Gegenöffentlichkeit und Sichtbarkeit unserer Standpunkte notwendigerweise mit ein.

Unsere Politik soll einen Weg jenseits des Kapitalismus aufzeigen und konkrete Autonomie gegenüber seinen Mechanismen und Werten herstellen. Das bedeutet, zu lernen, ohne ihn zu leben und zu produzieren und die Welt neu zu schaffen.

Zentral für uns sind Bildung und Ausbildung. Wir wollen Wissen zugänglich machen und durch gemeinsame Erfahrungen kollektiv lernen.

Soziale Kämpfe bieten uns nicht nur Handlungsoptionen, sondern sind unbedingtes Feld der aktiven Einbringung. In ihnen machen wir essenzielle Erfahrungen und unterziehen unsere Theorien einem ständigen Praxistest. All die, die mit uns auf derselben Seite der Barrikade stehen, sind dabei (aller Unterschiede zum Trotz) Genoss*innen.

Unsere Kämpfe sind immer internationalistisch. Uns ist klar, dass sie verschiedene gesellschaftliche Widersprüche (Race, Class, Gender) aufgreifen und die befreite Gesellschaft damit nur jenseits von Staat und Kapital Wirklichkeit werden kann.